Der Pompejaner by Philipp Vandenberg

Der Pompejaner by Philipp Vandenberg

Autor:Philipp Vandenberg [Vandenberg, Philipp]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2014-10-28T16:00:00+00:00


»Mehr Fahrt!« herrschte der Pompejaner den Steuermann an. »Mehr Fahrt«, wiederholte der Steuermann tonlos.

Der Rauchpilz wuchs, je näher sich die Schiffe der Küste näherten. Nun, da die Sonne über dem Festland aufging, wirkte der verfinsterte Himmel noch drohender. Schon konnte man den Hafen von Ostia erkennen, die riesigen Vorrats und Lagerhäuser, die hohen Masten der Segler, und vom Mast eines auslaufenden Schiffes, das ihnen begegnete, rief der Matrose durch seine hohlen Hände: »Rom brennt, seit sechs Tagen!«

»Jupiter sei mit uns!« Gavius fiel auf die Knie nieder und begann zu beten, und Aphrodisius klammerte sich an die Reling und wiederholte: »Rom brennt, seit sechs Tagen.«

Im Hafen von Ostia herrschte unüberschaubares Chaos. Tausende, die dem Flammeninferno entkommen waren, drängten, ihre wenigen Habseligkeiten auf dem Rücken gebündelt, zu den Schiffen am Kai, weil sie unter dem Schock des Erlebten fürchteten, die Flammen würden auch auf die Hafenstadt übergreifen. Hafenaufseher knüppelten die rußgeschwärzten, angesengten, dem Orcus entkommenen, schreienden, weinenden Römer zurück; viele stürzten ins Wasser, Verletzte fielen von ihren Bahren und wurden zu Tode getrampelt, es stank nach Rauch und nach Blut, an ein Anlegen der Schiffe war nicht zu denken.

Aphrodisius gelang es zusammen mit seinem Sklaven, auf ein am Kai liegendes Schiff zu springen, die Neptun und Salacia drehten ab und gingen in Sichtweite vor Anker. Wie Ringer in der Palaistra arbeiteten Aphrodisius und Gavius sich durch das Menschengewühl. Einem Fuhrmann mit Maultier bot der Pompejaner hundert Sesterzen, damit er sie nach Rom bringe; doch der lachte nur: Das Doppelte habe man ihm schon geboten und er habe abgelehnt. Da packte Aphrodisius den Kerl mit beiden Händen am Hals, würgte ihn, daß sein Kopf rot anlief, und schrie: »Du bekommst dreihundert Sesterzen, du Sohn einer Hure aus dem Lupanar, und jetzt gibst du deinem Maultier die Peitsche, verstanden!«

Aphrodisius und sein Sklave sprangen auf den zweirädrigen Karren, und der Fuhrmann peitschte das Maultier in Richtung der Stadt. Menschen mit angesengten Haaren, klagende Frauen mit ihren Kindern auf den Rücken, singende Greise, die in dem Inferno den Verstand verloren hatten, kamen ihnen entgegen. Rom war nie eine Stadt für feine Nasen, aber nun mischte sich, je mehr sie sich im polternden Wagen der Stadt näherten, der allgegenwärtige Fäkalgestank mit dem penetranten Geruch verkohlten Fleisches, und eine Hitzewolke schlug ihnen entgegen.

Er habe, klagte der Fuhrmann, den Vater in den Flammen verloren im dritten Bezirk, aber Frau und Kinder seien in Sicherheit dank der Fürsorge des Cäsars, der die Gärten des Mäcenas geöffnet und Zelte und Lebensmittel habe herbeischaffen lassen.

Und der Aventin, der dreizehnte Bezirk?

Der Fuhrmann machte eine Handbewegung, als wollte er sagen, o weh, der Aventin!

Gavius sah seinen Herrn an. Aphrodisius ließ den Kopf hängen. Wen die Götter straften, den machten sie in jungen Jahren zum Witwer; sollte er nun auch noch sein Kind verloren haben?

Am Circus Maximus, so war zu vernehmen, sei das Feuer ausgebrochen, in den Bretterbuden der Händler und Verschlägen der Bordelle, und die Feuerwehr, die in Rom tagtäglich im Einsatz war, habe dem Brand zunächst wenig Bedeutung geschenkt. Als die Flammen dann



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